In der „Xavier-Westwelle“

Von Alexander Lukasik

Schon am 1.10 fiel mir eine ungewöhnlich starke Westlage auf, die für den 5.10 vorhergesagt war und da ich sowieso das etwas weniger beliebte Wellenfliegen bei Westwind genauer erforschen wollte, bleib mir nichts anderes übrig als es einfach mal auszuprobieren. Bis zum 5.10 waren noch einige Tage dazwischen und es konnte sich viel ändern, deswegen hieß es noch einmal abzuwarten.

Als ich dann aber morgens, am 4.10 den Bericht angeschaut hatte, verstärkte sich noch die Vorhersage mit Spitzenwerten bis zu 65knt ab 3000m, was etwa einer Geschwindigkeit von 120km/h entspricht. Somit war das erste Mal klar, dass Aussichten auf einen erfolgreichen Flug bestehen.

Da jedoch im Oktober unter der Woche kein regulärer Flugbetrieb mehr stattfindet, gab es noch die zusätzliche Aufgabe, sich auch noch darum zu kümmern. Simon und Fabian konnten mir allerdings schnell weiterhelfen und gaben mir Kontakte zu paar von unseren Schlepppiloten, die auch gerne unter der Woche schleppen.

Ich rief auch noch Dorian, einen Freund von mir an, der ähnliche Vorhaben vom Flugplatz in Kempten aus gehabt hatte. Wir wurden uns relativ schnell einig, dass wir auch zusammen fliegen können, was wir im Nachhinein auch dann gemacht haben.

Am nächsten Tag, trafen wir uns um 9:30 zusammen noch mit Herbert Stoess, unserem Schlepppiloten am Flugplatz in Ohlstadt. Während im Norden schon der Sturm Xavier tobte, war es jedoch bei uns am Platz ganz still, die Windsäcke bewegten sich keinen einzigen Zentimeter und es gab nicht mal einen Hauch von irgendeinem Wind, was uns etwas zweifeln ließ, ob sich überhaupt der ganze Aufwand gelohnt hat. Wir packen trotzdem den Duo und die Remo aus der Halle. Da Herbert aber kurzfristig zu einem Termin musste, rief er Andres Reisert an, der uns dann schließlich auch geschleppt hat. Wir machten dann unseren Flieger fertig und schoben ihn an den Start der Piste 04.

Bald ging es auch schon los, nach gut 300m über Grund fing es an die Remo nach oben und unten zu schleudern und es erinnerte mich an einen ausgelasteten Aufzug im
Bürohochhaus. Was nun vielleicht etwas beunruhigend klingt, war für uns jedoch ein gutes Anzeichen, dass es doch noch was mit der Welle werden könnte. Wir ließen uns zunächst zum Ohlstädter Hang schleppen, der allerdings zu unserem Erstaunen nicht getragen hat. Wir klinkten dann aber schließlich kurz über dem Heimgarten aus.

Dort konnten wir uns dann zwar halten, aber wirklich höher ging es nicht. Ohne viel Zeit zu verlieren, entschieden wir uns am Hang Richtung der Hohen Kiste weiterzugleiten und den Hang dort auszuprobieren. Und tatsächlich ging er recht zuverlässig mit 2m/s bis auf etwa 2200m MSL, dann war aber zunächst Schluss. Wir fanden jedoch eine Stelle in einem Kar, die relativ rechtwinklig zum Ettaler Tal steht. (Anscheinend wird der Westwind durch dieses Tal kanalisiert und es wirkt wie eine Düse, dass den Wind verstärkt und dann in dieses Kar hineinbläst.) Dieser Aufwind ist allerdings sehr eng und turbulent und es ist besondere Vorsicht geboten, dass man von dem Wind, gerade bei diesen Geschwindigkeiten nicht in den Hang gedrückt wird. Wir kurbelten ihn dann sehr steil, mit gut 60° Querneigung und verschafften uns damit gute 2m/s Steigen bis auf etwa 2900m MSL.

Jetzt hieß es jedoch die Welle zu suchen und auch zu treffen und zwar im Lee von den Ammergauern. Wir flogen somit gegen den Wind vor und versuchten, ob wir in der Talmitte fündig werden. Es waren zunächst mehrere Ansätze da, jedoch haben wir einige Versuche gebraucht, bis wir es dann endlich geschafft haben, in den laminaren Bereich zu steigen. (Nach unserem Eindruck ist der Laber der auszulösende Berg) Die Welle dort katapultierte uns im Schnitt mit 1m/s Steigen, bis an den Luftraumdeckel auf 3900m. Wir meldeten uns bei München Information, schmissen den Transponder an und als uns gerade der freundliche Flugkontroller die Freigabe bis FL180 gab, hörte das Steigen auf.

Wir verlagerten dann unsere Position über den Wank, wo wir erneut eine Welle trafen, die uns dann letztendlich auf 4700m brachte. Soweit so gut, jedoch wollten wir nicht gerade den ganzen Tag, wie ein Drache am Seil hängend, an einem Punkt verbringen und da über der Zugspitze eine schöne Wolke stand, die auf einen Rotor hinwies, dachten wir uns nur „nichts wie hin“!

Diese Querung hat uns jedoch etwas Nerven gekostet, denn obwohl wir auf der Luvseite geflogen sind, verloren wir auf diesen 15km gut 1300m an Höhe und kamen mit 3400m an der Zugspitze unter dem Rotor an, was natürlich wieder ein erneutes Herumgebastel bedeutete. Dabei fiel uns auf, dass die Südwest-Seite der Zugspitze im Luv stand, obwohl wir vorher eher Nordwestwind hatten.
Somit war klar, dass die Nordwest-Seite im Lee, bzw. Hangparallel zum Wind war und wir deshalb so viel an Höhe verloren hatten. Als Entschädigung durften wir aber dann den Rotor mit bis zu knapp 7m/s kurbeln und als wir über dem Rotor waren, ging es dann wieder laminar weiter und zwar bis auf 5300m!

Es eröffnete sich uns ein atemberaubendes Panorama über die ganzen Ostalpen und man konnte über den Alpenhauptkamm, bis in die Dolomiten weit sehen! Wir verweilten so einige Zeit, denn wir kamen mit 5km/h Groundspeed nicht wirklich vorwärts.

Allmählich fing es jedoch an zuzuziehen und leider verabschiedeten sich auch langsam die Batterien, somit sind wir noch etwas Richtung Reutte über den Plansee geflogen und anschließend fingen wir mit dem Sinkflug an. Da wir noch genügend Höhe hatten und aus dem Luftraum Charlie wieder draußen waren, flogen wir nochmal Richtung Norden bis auf Höhe vom Bloomberg (wo auch eine schöne etwas schwächer werdende Welle stand) und anschließend wieder Richtung Heimatflugplatz.

Auf dem Rückflug bemerkten wir dann einen starken Gegenwind und wieder in der Platzrunde angekommen sahen wir, dass der Windsack straff im Wind stand.

Somit wurde es nochmal zum Schluss spannend, denn wir mussten auf der Piste 22 mit einem relativ starken turbulenten Gegenwind und einer nicht als zu kleinen Seitenwindkomponente landen. Zusätzlich machte sich im Anflug auch noch die Leewirkung der Piste 22 bemerkbar, dass auf die Windrichtung und -stärke und das abfallende Gelände zurückzuführen ist, was die ganze Sache natürlich nicht wirklich erleichtert hat. Der Quer- und Endanflug war also dementsprechend höher, kürzer und schneller und mit einem entsprechenden Vorhaltewinkel anzusetzen. Ich entschied mich eine lange Landung zu machen, um den Turbulenzen in Anflug etwas zu entweichen. Der Duo setzte sich dann, nach 6h und 5min Wellenflug, ziemlich weich und ohne größere Probleme um 17:44 Ortszeit auf unserer Asphaltbahn auf.

Fazit:
Dafür, dass weder ich noch Dorian vorher bei solchen Starkwindlagen geflogen sind, waren wir selbst etwas überrascht, wie gut es letztendlich funktioniert hat. Der Flug war für uns ein tolles Erlebnis, aber auch ein voller Erfolg. Am Hauptkamm standen noch etwas höher relativ große Rotoren, daher wäre ein Weiterflug sicherlich denkbar gewesen, wir waren jedoch für den Tag schon ganz gut bedient. Wir freuten uns aber vor allem etwas mehr über das Westwellenfliegen erfahren zu haben und vielleicht geht es dann nächstes Mal Richtung Engadin! 😉

Flug im OLC: https://www.onlinecontest.org/olc-2.0/gliding/flightinfo.html?dsId=6150458

 

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