Am Abend des 02.06. war ich mir nach einem Flug zum Matterhorn noch gar nicht wirklich sicher, ob ich am Montag auch noch fliegen gehen sollte. Nachdem aber Toptherm den Tag als großflächig gut vorhersagte, und auch am Sonntag schon einige große, flächige Flüge stattfanden, entschied ich mich, am Flugplatz zu bleiben und den nächsten Tag auch noch zu nutzen. Am nächsten Morgen baute ich also die LS 8 auf, tankte ca. 140 Liter und stellte dann fest, dass nur ein Mose-Schlepppilot eingeteilt war, aber keiner für die Remo. Also versuchten alle Wasserflieger, da noch auf die Schnelle was zu organisieren, zunächst hatten wir damit aber wenig Erfolg. Um 8:45 Uhr standen bereits die ersten schönen Cumuli Richtung Westen.

Um 9:35 Uhr ging es für mich dann los, nachdem sich Steffi zum Glück bereiterklärte, mit der Remo zu schleppen. Schon im F-Schlepp sah man in allen Richtungen Cumuli stehen, es sollte also schon gehen. Nach dem Ausklinken an der Mittagsspitze ging es mit etwa 1,5 m/s auf 2000 m, für die Uhrzeit absolut ok. Über die Jachenau ging es weiter zum Roß- und Buchstein, dort kam ich bereits auf fast 2500 m. Vom Risserkogel aus 2600 m ging es dann kreislos Richtung Inntal und Wilder Kaiser, nachdem vor dem Inntal erstmal nichts Brauchbares mehr kam. Der Kaiser wollte allerdings nicht so recht, dort begegnete ich dann auch Mathias Schunk in der PM und der ASG 32 aus St. Johann. Allerdings fand niemand von uns brauchbares Steigen, also ging es in 2000 m weiter. Erst am Südwesteck der Loferer gab es wieder gutes Steigen, von dort aus ging es dann über das Steinerne Meer zum Hochkönig, immer mal wieder mit ein paar Kreisen, um nicht zu tief zu kommen, aber ohne wirklich gutes Steigen. Am Hochgründeck half mir dann ein Gleitschirm weiter, mit 4 m/s auf 2800 m zu steigen. Jetzt war ich wieder oben, und endlich im guten Wetter. Mathias war etwas vor mir. Am Grimming entschied ich mich dafür, auf der Talnordseite zu bleiben, während er in den Süden sprang. Kurz danach wurde es 12 Uhr, und ich hatte bereits 225 km auf der Uhr. So langsam begann das Gerechne, was für Schnitte man nun über den restlichen Tag braucht. Der Weg über die Nordseite war zumindest nicht langsamer als Mathias’ Weg, und ab Trieben war das Wetter wirklich brachial gut. Ohne Probleme ging es über Hochschwab und Hochveitsch zur Lachalpe, wo ich um 12:59 Uhr bei km 322 auf Ohlstadt wendete. Jetzt war klar: wenn ich noch nach Samedan komme, sind es bereits 960 km.

Auf dem Weg nach Westen querte ich beim Schoberpass Richtung Südseite. In den Tauern war es zwischendurch etwas schwierig, gutes Steigen zu finden, bei Mauterndorf konnte ich mich dann wieder auf 3300 m bringen. Übers Mölltal ging es mit gutem Steigen und brauchbarer Höhe weiter nach Westen, weiter im Süden war die Basis deutlich tiefer und die Luftmasse sehr feucht. Bei Lienz traf ich die erste dumme Entscheidung des Tages, ich entschied mich, wegen leichten Nordwinds über die Lienzer Dolomiten zu fliegen, statt die üblichen guten Südhänge anzufliegen. Das ging halt einfach gar nicht, so dass ich am Ende des Lesachtals nur noch knapp über 2100 m hoch war. Dort fand ich zum Glück wieder Anschluss, und so ging es wieder weiter. PM war von seiner südöstlichen Wende auch bereits zurück und wieder etwas vor mir. Bei Silian kam ich dann auf 3700 m und war endgültig auf der Rennstrecke… eigentlich. Irgendwie gelang es mir im weiteren Verlauf, konsequent an den Bärten unter der Aufreihung vorbeizufliegen, so dass ich letzten Endes in unkomfortablen 1950 m am Taleingang nach Sterzing unter einer riesigen, ausgebreiteten Wolke im kompletten Schatten wieder was finden musste. 2000 m über mir kreisten Flugzeuge an der Basis, aber das nützt dann auch nicht viel. Perfekte Ausgangssituation, um einen bis dahin super Flug ohne Grund komplett wegzuwerfen, aber das Glück war auf meiner Seite und es kam nicht so. Im Schatten fand ich 2 m/s, die nach oben besser wurden und 10 Minuten später war ich in 3900 m und wieder im Rennen. Nun ging es über die Sarntaler ins Vintschgau, wo ich wegen meines Absaufers etwas defensiv flog, auch wenn ich von PM die Info hatte, dass die Litzner Spitze gut geht. Tatsächlich gab es dort nach etwas Suchen 5 m/s, und so ging es über den Ofenpass weiter ins Engadin und zum Albulapass. Für die 1000 km musste ich noch etwas weiter nach Westen, und diese magische Zahl war zu diesem Zeitpunkt kein vager Traum mehr, sondern ein zum Greifen nahes Ziel.

Westlich vom Albula ging es nochmal auf 3600 m, und auch am Piz Mitgel vor Savognin gab es nochmal Thermik. Eine Rippe weiter, kurz vor Andeer, war dann die Summe aus geflogenen Kilometern und Distanz nach Ohlstadt größer als 1000 km, und so wendete ich dort um 17:25 Uhr. Jetzt hatte ich auf einmal alle Zeit der Welt, solange ich wieder ins Engadin käme, käme ich mit großer Wahrscheinlichkeit auch nach Hause, und meine Deadline für den Rückflugbeginn im Engadin lag bei 19:00 Uhr. Also nahm ich mir die Zeit, am Piz Mitgel nochmal den Bart zu suchen und Höhe zu machen, damit ich komfortabel wieder ins Engadin einsteigen konnte. Um 17:45 war ich bereits wieder im Engadin und folgte der üblichen Route über Piz Quattervals und den unersetzlichen Endanflugretter Piz Lischana in komfortabler Höhe Richtung Heimat. Es gab nur ein Problem: die von Westen nahende Gewitterfront. Je weiter nach Norden ich kam, desto klarer wurde es, dass der Standardweg über Garmisch wahrscheinlich nicht nutzbar war. Nachdem mein Funk an diesem Tag sehr zweifelhaft war, war es sehr hilfreich, dass Mathias mir die Telefonnummer von Innsbruck schicken konnte, so hatte ich einen Plan B, falls ich eine Freigabe brauchen würde und der Funk nicht kooperieren würde. Kurz hinter dem Reschensee traf ich Tom (und mein Funk ließ mich wieder verständlich funken). Leider stieg der Bart, in dem ich östlich Pfunds noch einmal auf knapp 4000 m kam, in seiner Höhe nicht mehr, und so machte ich mich bereits auf den Weg, während er weitersuchen musste. Nun musste eine Entscheidung über den weiteren Flugweg her, hierbei war Dirk eine große Hilfe, der von Ohlstadt aus in der Dimona unterwegs war und per Funk Wetterinfos durchgab. Es hätte möglicherweise eine kleine Lücke Richtung Reutte gegeben, aber ich entschied mich dazu, mir vom Ausgang des Ötztals eine Freigabe von Innsbruck zu holen, ans Ostende der Mieminger zu queren. Im leichten Regen und kompletten Schatten querte ich also, dann ging es östlich am Wetterstein vorbei und nun war ich erstmal wieder im guten Wetter. Querab Farchant sprang der Optimierer dann auf 1000 km. Nun glitt ich meine restliche Höhe noch ab, man hätte wohlauch noch verlängern können, denn an der Benediktenwand wäre es noch gegangen und ins Flachland stand eine Art Konvergenz. Aber wegen der näherkommenden Gewitter, und weil ich kein Risiko eingehen wollte, den Flug noch zu vermurksen, drehte ich über Lenggries um und landete um 19:44 Uhr nach 10 Stunden und 9 Minuten mit 1056 km und meinem ersten europäischen Tausender sowie meinem weitesten Einsitzerflug wieder in Ohlstadt. Für den Flug wurden mir zwei deutsche Klassenrekorde anerkannt, jeweils freie Strecke über maximal 3 Wendepunkte in der Frauen-18m-Klasse und der Frauen-Offenen-Klasse.

Vielen Dank an alle die mir diesen Flug ermöglicht haben, sei es durch Hilfe oder Informationen am selben Tag, genauso aber durch Entscheidungen und Wissensweitergabe schon weit im Voraus!

Von Lisa Scheller

 

 

 

Bestes Streckenwetter im Osten (Hochschwabgebiet)

Wieder auf der Rennstrecke im Pustertal

Inntalquerung in schaurigem Wetter

Wieder zuhause – Blick zurück ins Gebirge

 

Abendliche Gewitterstimmung in Ohlstadt